Der Artikel ist in der Zeitung des Verbandes „Selbsthilfe-Auto Aiuto“ Nr. 3/2015 erschienen.

Maria Grazia ist eine unglaubliche und sehr sympathische Frau. Sie arbeitet in einem Geschäft, bedient ihre Kunden aufmerksam und in der Zwischenzeit beantwortet sie meine Fragen. Sie erzählt mir ihre Geschichte und fährt immer genau an dem Punkt fort, wo wir unterbrochen wurden. Sie ist die Mutter von Andreas, dem jüngsten von fünf Kindern.

„Die Probleme tauchten schon während der Kindergartenzeit auf. Sein Benehmen war durch eine übertriebene Ruhelosigkeit gekennzeichnet, und er hatte große Schwierigkeiten, sich auf etwas zu konzentrieren. Die Gegenwart eines Erwachsenen, der sich für ihn interessierte, beruhigte ihn allerdings.

Ich selbst war sehr besorgt und ängstlich, da ich sein Verhalten nicht verstand. Die Besuche beim Psychologen halfen mir nicht weiter. Die Schulzeit war sehr schwierig. Ich wurde ständig von den Lehrpersonen vorgeladen, da Andreas die Unterrichtsstunden störte. Er konnte sich nicht konzentrieren und so waren seine schulischen Leistungen sehr schlecht.

Schlussendlich sahen wir uns gezwungen, Andreas, der damals 17 Jahre alt war, ins Krankenhaus zu bringen. Dies war im Jahr 2008. Nach einem Gespräch in der Psychiatrie wurde er dort aufgenommen, zusammen mit erwachsenen Patienten. Die Diagnose des ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) wurde erst viel später, in einer Struktur außerhalb von Bozen, gestellt.

Die Familie hat stets zusammengehalten und gemeinsam haben wir die Krankheit von Andreas gemeistert. Die Brüder und Schwestern, die inzwischen nicht mehr zuhause wohnen, sind immer eingesprungen, wenn es nötig war. Ich habe es allerdings vorgezogen, sie nicht allzu sehr bei der Betreuung von Andreas mit einzubeziehen und ihnen diese Bürde nicht aufzuerlegen. Deshalb habe ich das Meiste selbst übernommen, aber die Unterstützung von allen hat mir nie gefehlt.

Der Anfang war sehr schwierig: Andreas konnte seine Erkrankung nicht akzeptieren. Er zog es vor, zu denken und zu sagen, dass ich die Kranke sei. Ich sollte aufhören, ihn mit dieser Geschichte zu stressen. Ich sollte damit aufhören, ihn zu drängen, Medikamente einzunehmen und weitere Eingriffe und ärztliche Visiten zu akzeptieren. Auch ich war sehr verschreckt. Vor allem ängstigten mich die Gedanken an die Zukunft.

Aber dank der Therapien musste Andreas seit einigen Jahren nicht mehr im Krankenhaus aufgenommen werden. Besonders in der letzten Zeit hat sich vieles zum Besseren gewendet, auch dank seiner Psychiaterin im ZPG (Zentrum für Psychische Gesundheit), die sich auch meine Ängste anhörte und Andreas dazu brachte, ein neues Medikament auszuprobieren. Die Einnahme erfolgt nun mittels monatlicher Injektion.

Durch Gespräche mit Freunden wurde mir bewusst, dass ich auf meine persönlichen Fähigkeiten vertrauen darf, Fähigkeiten wie meinen Mut, meine Ausdauer, meine Fähigkeit, zu hoffen. Wenn ich glaube, es nicht mehr zu schaffen, wende ich mich an Padre Pio, dem ich für die Besserung von Andreas Krankheit danke, für die Gelassenheit, die er mir vermittelt, eine Gelassenheit, die sich auch positiv auf meinen Sohn auswirkt.

Wenn ich zurückschaue wird mit klar, dass ich immer gekämpft habe, dass ich von Ärzten stets Therapien gefordert habe, die Andreas meiner Meinung nach brauchte. Ich habe alles in meiner Macht Stehende getan, um meinem Sohn zu helfen.

Von Freunden und Bekannten habe ich stets Anteilnahme und Verständnis erfahren. Die Meinung aller anderen interessiert mich nicht.

Ich glaube, dass ich in diesen Jahren sehr viel gelernt habe. Ich bin menschlicher, verständnisvoller und stärker geworden. Ich kann vorwärts schauen und dafür danke ich Gott. Ich möchte auch weiterhin alles nur mögliche für Andreas tun, ich möchte mich auf ihn verlassen und ihm vertrauen. Ich liebe ihn einfach!

 

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