Wie ich lernte, meinen Genesungsprozess eigenverantwortlich anzugehen
Der Artikel, geschrieben von Robert, ist in der Zeitung des Verbandes „Selbsthilfe-Auto Aiuto“ Nr. 1/2016 erschienen.

Am Anfang meiner Erkrankung standen nur die Medikamente. Ich habe sie immer fleißig eingenommen, und gedacht, damit wäre das Problem gelöst. Bis ich merkte, dass ich viel an Eigenverantwortung in meinen Genesungsprozess legen kann, eigentlich legen muss. Dass es Sinn macht, mich genau zu beobachten, jede kleinste Veränderung der Stimmungslage zu registrieren. So entwickelte ich meine Strategien, sofort auf Veränderungen zu reagieren und Phasen sofort entgegenzuwirken.

Bei Schlafschwierigkeiten und leichter Überdrehtheit beobachte ich mich ganz genau, erhöhe eventuell die Medikamente und nehme mit dem Arzt Kontakt auf. So kann ich manische Phasen schon im Keim ersticken, bevor sie sich überhaupt richtig entfalten können, und sie richten keinen größeren Schaden an, außer höchstens ein paar Tage Krankenstand. Ich ziehe mich dann in totaler Reizarmut zurück, um so wenig wie möglich Stimuli zu bekommen, welche eine Manie auslösen könnten.

Bei Niedergeschlagenheit versuche ich den Spagat zu spannen, einerseits das Gefühl ganz zuzulassen, und es nicht zu verdrängen, aber ihm andererseits nicht so viel Bedeutung beizumessen, dass es eine Eigendynamik entwickelt und sich so zu einer starken Depression formt.

Auch versuche ich mich, ganz nach meinen Kräften, mit Aktivitäten abzulenken, ohne mich dabei zu überfordern. Wichtig ist es, Dinge zu tun, die einem Spaß machen, so schwer es einem in dieser Phase auch fällt. So vergeht auch die Niedergeschlagenheit nach einiger Zeit wieder.

So heißt Verantwortung für mich, ganz bewusst mit dem Leben und der Krankheit umzugehen.

Verantwortung heißt für mich auch, Freunde und Familie nicht zu überfordern, ihre Bedürfnisse auch im Krisenfall soweit als möglichst zu respektieren und anzunehmen, dass sie weder alles nachzuvollziehen, noch immer auf alles eingehen und adäquat reagieren können. Dankbar sein, dass sie mir nach ihren Kräften zur Seite stehen.

Eigenverantwortung heißt für mich, auch ein offenes Ohr für die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu haben. Sich ein freudvolles Leben zu gönnen. Auch dies ist eine sehr wirksame Krisenprophylaxe.

 

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