Wir im Verband Ariadne verstehen unter „Hilfeleistung Psychiatrie“ eine menschliche Medizin, eine offene, gewaltfreie und menschenwürdige Psychiatrie.

Psychische Beeinträchtigungen sind mehr als das Ergebnis organischer und biologischer Auslöser. Sie haben auch lebensgeschichtliche, soziale und kulturelle Ursachen. Diese finden sich im bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell wieder, für das wir uns aber eine flexible Umsetzung wünschen, das auch Alternativen zur medikamentösen Therapie vorsieht. Wir denken an ein begleitendes Hilfesystem, an eine enge Vernetzung in den Hilfeleistungen und an die Schaffung eines funktionierenden Netzwerkes. Grundlage der Arbeitsweise der Helfer*innen sollte eine enge Verknüpfung sozialer, kultureller und biologischer Komponenten sein sowie die Arbeit in multiprofessionellen Teams.

Die Themen der „Hilfeleistung Psychiatrie“ sind viele und einige ausgewählte greifen wir in dieser Tagung auf.

Klicken Sie (…hier…) um das Faltblatt zur Tagung herunterzuladen. Gerne können Sie es auch an Interessierte weiterleiten.

Datum: Donnerstag, 14. Oktober 2021
Zeit: 08:45 bis 13:00 Uhr
Ort: Bozen – Pastoralzentrum (Domplatz 2)

Teilnahme nur mit gültigem Greenpass.

Programm:
08:15 Uhr
Einlass Teilnehmer*innen

08:45 Uhr
Begrüßung und Auftakt
Günther Plaickner, Präsident des Verbandes Ariadne

Grußworte
Waltraud Deeg, Landesrätin für Soziales

09:00 Uhr Online-Zuschaltung
Das Stigma psychischer Erkrankung: Folgen und Interventionen
Nicolas Rüsch, Universität Ulm und BKH Günzburg; klinisch als Psychiater tätig, Forschungsschwerpunkt im Bereich Stigma und Diskriminierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Das Stigma psychischer Erkrankung gibt es in drei Grundformen: Öffentliches Stigma, Selbststigma und strukturelle Diskriminierung. Die Folgen sind vielfältig und können schwerer wiegen als die Erkrankung selbst. Doch es gibt Interventionen, um Stigma und seine Folgen abzubauen, die hier vorgestellt werden.

09:45 Uhr
Die Geschichte der Psychiatrie. Von der Psychiatrie zur psychischen Gesundheit
Antonio Luchetti, Facharzt für Psychiatrie im Psychiatrischen Dienst Meran
Die Geschichte der Psychiatrie erzählen bedeutet, die Geschichte von Kulturen, von Theorien, von Wissen und von Mächten erzählen, die sie getragen haben, von Orten, von Versachlichung, von Ausschluss und vom Versuch, eine subjektive Meinung wiederherzustellen. Von psychischer Gesundheit erzählen bedeutet, über die Psychiatrie hinauszugehen, von Integration und Gemeinschaft als notwendigem Ergebnis eines langen Weges zu sprechen, wenn die Institution Psychiatrie langsam am Horizont versinkt.

10:30 Uhr Pause

10:50 Uhr
Ethik und Psychiatrie: zwischen Folge-Ethik und Prinzipien-Ethik
Andreas Conca, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeut, Primar des Psychiatrischen Dienstes Bozen
Die digitale Transformation stellt uns vor neue Herausforderungen. Suizidales Verhalten z. B. kann mittels Künstlicher Intelligenz präventiv erfasst werden, auch ohne dass es die Betroffenen wahrnehmen. Fragen nach dem prinzipiellen Einsatz von objektiven Kriterien und den subjektiven Folgeerscheinungen drängen sich geradezu auf und stellen Gesellschaft, Betroffene, Familien und professionelle Helfer vor neue Leistungsanforderungen.

11:10 Uhr
Verhandeln statt behandeln – das individuelle Therapieprojekt mit Gesundheitsbudget („budget di salute“)
Verena Perwanger, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutin, Primarärztin des Psychiatrischen Dienstes Meran
Das individuelle Gesundheitsbudget – „budget di salute“ – ist ein Instrument, das bereits in vielen Regionen Italiens eingesetzt wird und das dazu dient, die Unterstützung auf die spezifischen Bedürfnisse der Person abzustimmen und die vorhandenen Ressourcen bestmöglich zu nutzen. Individuelle, recovery-orientierte Therapieprojekte können so im Zusammenspiel aller Akteure vereinbart und besser umgesetzt werden.

11:30 Uhr
Teamarbeit mit Jugendlichen und die “Substanz” der Beziehung zum zuständigen Erwachsenen
Tanja Umari, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Dienst für Abhängigkeiten im Gesundheitsbezirk Bozen
Ausgehend von den Erfahrungen in der Arbeit mit Jugendlichen im Dienst für Abhängigkeitserkrankungen (DfA) in Triest und später auch in Bozen reflektieren wir über die Wichtigkeit einer gut funktionierenden Beziehung zwischen dem Jugendlichen, der Bezugsperson und seiner Familie. Alle, auch die Einrichtung, sind gefordert, sich einzubringen und ein schwieriger, dennoch kreativer, Individuations- und Emanzipationsprozess beginnt.

12:15 Uhr
Psychiatrie neu denken – begleiten statt behandeln
Stefan Weinmann, Psychiater, Psychotherapeut, Gesundheits- und Wirtschaftswissenschaftler, Autor, Süddeutschland/Berlin. Beteiligung an Projekten psychiatrischer Versorgungsforschung; Aufbau aufsuchender Teams stationsäquivalenter Behandlung (StäB), Einführung von Maßnahmen zur Vermeidung von Zwang auf der Akutstation.
Der Vortrag stellt die unterschiedlichen gegenwärtig vorherrschenden und folgenschweren Paradigmen der Psychiatrie gegenüber. Er zeigt die Folgen des medizinischen Modells psychischer Krisen und der Behandlungsansätze, die zu Inhumanität, Zwangsbehandlung und Chronifizierung führen und stellt dem ein Hilfesystem gegenüber, welches den Umgang mit psychosozialer Beeinträchtigung als Gesellschaftsaufgabe betrachtet, bei der die institutionalisierte Psychiatrie nur eine von vielen Bestandteilen ist.

13:00 Uhr Abschluss

 

Tagungssprache
deutsch und italienisch (Simultanübersetzung vorgesehen)

Zielgruppe
Menschen mit psychiatrischer Lebenserfahrung, Angehörige, Studierende, Mitarbeiter*innen der psychiatrischen und der sozial-psychiatrischen Dienste und alle Interessierten

Anmeldung 
erforderlich innerhalb 07.10.2021 beim Verband Ariadne – für die psychische Gesundheit aller EO
Tel. 0471 260303, Whatsapp 349 393 2913, e-mail info@ariadne.bz.it

Die aktuell geltenden Sicherheitsbestimmungen zu Covid-19 werden eingehalten.

Selbstkostenbeitrag
20,00 Euro (Studierende frei)
Bitte überweisen Sie den Beitrag bei Anmeldung auf das Konto des Verbandes bei der Raiffeisenkasse Bozen, Fil. Gries,
IBAN IT 21 O 08081 11601 000301075802 unter Angabe „Tagung + Name“. Bei kurzfristiger Absage bzw. Nicht-Teilnahme wird der Selbstkostenbeitrag einbehalten.